
Flickr (c) Unhindered by Talent
Jonathan Meese ist eine Ameise in der Armee der „Das ist aber Kunst!“-Verfechter_innen. Bushido ist sein Bruder im Geiste. In Deutschland wird bei Entgleisungen mit zweierlei Maß gemessen. Wir haben zwei Lümmel, die im Namen der Kunst schon viel Gesellschaftsscheiße reproduziert haben – wie so viele andere, und vielleicht sollte man Subversion mittlerweile überall nur noch mit der Lupe suchen, oder am besten gar nicht mehr.
Diese beiden Mediengiganten werden nun von den Medien auseinander genommen, und es wird in Waagschalen geworfen, abweichendes Verhalten identifiziert (oder auch nicht), und es wird verhandelt. Beim Tagesspiegel sieht das dann zum Beispiel so aus:
„Aber Jonathan Meese ein Neonazi, ein gewaltverherrlichender Ewiggestriger? Wohl kaum. Anders als Bushido, der mit konkreten Straftaten in seinem Song kokettiert, bewegt sich Meese in einem geschlossenen Kosmos, der mit der Wirklichkeit nicht in Verbindung zu bringen ist.“
Bushido, der „Chabo terrible“, versus Meese, Goldkind aller Kunstkenner_innen. Zum ewiggestrigen Rassismus in der Rezeption Bushidos kommt neuerdings also auch immer wieder eine klassistische Komponente dazu: Ein studierter, feinsinniger Meese kann halt niemals so schlecht und so böse sein wie ein grobschlächtiger Bushido! Ist bei Meese noch alles „neurotischer Realismus“, der „spektakuläre Hang zur Wiedergabe von Angstgefühlen, Depressionen und Zwangsphänomenen“ (Elize Bisanz), so kommt das Conclusio der Werkschau Bushidos meist zum Ergebnis: „As*-Rap“.
(Es zählt übrigens nicht anzumerken, dass Bushido selbst sehr hart an der eigenen „Vom Bordstein zur…“-Mär gestrickt hat und er immer schon bürgerlicher gewesen ist, als er es bisweilen vielleicht gerne hätte. Jemand, der bei Bushido nicht den „geschlossenen Kosmos“ sieht, der ebenfalls nicht mehr viel mit der Wirklichkeit zu tun hat, hat am Ende nämlich nur eins geschafft: Mal wieder die stereotypen Klischees zu bedienen, die das vermeintlich „Eigene“ so gern vom vermeintlich „Fr*mden“ hat.)