Archiv für den Monat September 2012

My Definition of Internet

„Best part when he said „ente“ and run around the people.“

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Schulternklopfen für die Opfer

[Anmerkung: Wir – accalmie, Sabine und Nadia – haben den vorliegenden Text gemeinsam verfasst, um nochmal für uns die MMwird5-Vorfälle und deren Nachwirkungen zu rekapitulieren. Wir sind, falls das so gelesen werden könnte, nicht „die Stimme der QT*PoC“ oder von sonstwem. Wir sprechen nur für uns – weder für alle WoC noch PoC, die auf der MMwird5-Party anwesend waren, noch für alle anderen.]

Ironie schlägt oft dann zu, wenn man sie am wenigsten erwartet – das gilt zugleich für die MMwird5-Party letzten Samstag, als auch für deren „Nachspiel“ der vergangenen Tage.

Ironie Eins schlug zu, als die sich selbst als anti-rassistisch und rassismus-kritisch verstehende Mädchenmannschaft (MM) auf ihrem ebenso definierten und postulierten Event den Sl*twalk Berlin einlud, und im Zuge dessen auf (zu erwartende) rassistische „Vorfälle“ nicht adäquat reagierte, geschweige denn selbst daran dachte, sich bei Panelist_innen und Künstler_innen auch mal persönlich zu entschuldigen – und zwar dafür, dass eine Situation hergestellt und geduldet wurde, die den Abbruch der Diskussion, Sows Absage ihres Konzerts und ein Spontan-Panel von WoC nach sich ziehen musste. Ein Spontan-Panel, das für alle überraschend kam, und das wir Bullshit-Bingo genannt haben: Bingo mit Herzblut. Das Podium war eine nachträgliche Intervention, weil der Raum dafür zuvor nicht vorhanden war.

Ironie Zwei hingegen schlug in den letzten Tagen zu, als wir, drei der fünf WoC-Panelistinnen beim Event und selbst Mädchenmannschafts-Autorinnen mit unterschiedlichen Involviertheitsgraden, uns dann mit grundlegenden Problemen von „calling out“-culture und Stellvertreter_innen-Antirassimus konfrontiert sahen bei vielen der Reaktionen auf die unbestrittenen Fails bei der MMwird5-Party und den ersten Reaktionen der MM auf diese. Wie auch die nun veröffentlichte Stellungnahme und Entschuldigung weißer MM-Autorinnen erwähnt: die MM ist nicht die weiße Einheitsfront, zu der sie in den letzten Tagen stilitisiert wurde.

Noch wichtiger: Mit der Annahme, man könne für „die armen PoC“ bei der Mädchenmannschaft oder sonstwo sprechen als weiße Person, sind keine Kekse zu gewinnen. Ein_e weiße_r Antirassismus-Verbündete_r zu sein bedeutet nicht, zu glauben, für PoC sprechen zu können, sondern Unterstützer_in zu sein und – besonders hier elementar – sich auch an die eigene Nase zu fassen.  Doch die eigene Nase ist nur schwer erreichbar, wenn man primär mit dem Bauchreden für Andere beschäftigt ist. Weiterlesen

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TheDorient: Hunderttausend. Hut ab.

Eine Welt, in der deprimierte Gestalten wie Verona Pooth oder Jenny Elvers-Elbertzhagen noch verbittert und lieblos Creme-Pötte in die Kamera hielten. Eine Welt, in der sich lange Zeit niemand groß mit Drogerie-Sondereditionen beschäftigt hat. Eine Welt, in der es noch kein Highlight war, sich Lidschatten testweise im Laden auf den Handrücken zu pinseln. Ja, so so eine Welt hatten wir lange Zeit, bevor Lamiya Slimani aka TheDorient auf der Bildfläche erschien.

Und was soll ich sagen? Ich liebe Lamiya Slimani. Weiterlesen

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Five for Fighting – Superman

“I gradually stopped wondering, ‘What life do I have?’ and began to consider, ‘What life can I build?” (Christopher Reeve, * 25. September 1952,  † 10. Oktober 2004)

http://www.dailymotion.com/video/x19od4_superman-five-for-fighting_music

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Vogue: Der Teufel trägt Plastiktasche

Die deutsche Vogue hatte die Spitzenidee, in der Oktober-Ausgabe arschteure Handtaschen mit Models im Obdachlosen-Look zu präsentieren. Das Grässliche an der Dekadenz, über die man sonst nur so schwafelt, wurde dabei – erwartungsgemäß – auf Bilder gebannt. Befremdliche Fotos, eine abstoßende ästhetische Inszenierung von Armut, die totale Respektlosigkeit vor obdachlosen Frauen. Doch wundert man sich?

Was soll ich sagen. Die Vogue, hach, wie sehr sie mich ja eigentlich gar nicht interessiert. Schon vor einiger Zeit holte ich mir eine zweite Meinung zum Hochglanzschrottblatt ein, und zwar bei der von mir sehr geschätzten Autorin Wäis Kiani:  „Die amerikanische Vogue ist als Stil-Instanz in keiner Weise mehr geeignet und höchstens als Werbefläche für Unrat, den die Welt nicht braucht, zu gebrauchen.“  Weiterlesen

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Buschkowsky II: In eigener Sache

In der letzten Woche habe ich viele Rückmeldungen zum Buschkowsky-Text bekommen. Ich blogge seit fast zweieinhalb Jahren und bin es gewohnt, unterschiedliches Feedback zu Texten  zu bekommen. Man handelt sie nach eigenem Ermessen ab, und dann macht mit seinem Tagesgeschäft ganz normal weiter. Aber heute mache ich mal eine Ausnahme. Weiterlesen

Adriano Celentano kopiert Woodkids „Iron“

Nah. Was ist denn das? Wer Woodkids Original kennt wird hier sein graues Wunder erleben.

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Interview mit Yassir: Drei Jahre Marokko, bisher kein Zurück

Der Anlass ist immer wieder aktuell: Es folgt ein Interview mit dem Frankfurter Hip-Hop-Artist Yassir Ezarzar, der vor drei Jahren nach Marokko ausgewiesen wurde. Das Gespräch mit Yassir führte ich bereits 2010, aber auch heute noch beinhalten seine Aussagen absolute Aktualität, ebenso wie der Fall: Eine Rückkehr des Familienvaters nach Deutschland ist bis heute ungewiss.

Wenn Du Dich an Deine Jugend und Kindheit erinnerst – wann hast Du gemerkt, dass Du anders, dass Du „fremd“ bist?

Yassir: Das fing früh an, schon in der Schule. Da begann die Zeit, in der man sich behaupten und anpassen musste. Heute sehe ich es eher als Nachteil, sich zu wünschen, beliebt und anerkannt zu sein. Den Strebern ging es ja nicht anders: Sie litten auch in ihrer Jugend. Aber sie gehören heute zumindest meist zu einer besseren Schicht – und lassen manchmal ihren Frust leider an denen ab, denen es nicht so gut geht. Dass ich „fremd“ war, war aber nicht das Hauptproblem: Bei mir war es offensichtlich, dass meine Familie sehr arm war, und die Gesellschaft hat es einen natürlich spüren lassen. Ich habe zum Beispiel immer die abgetragenen Kleider meines Bruders tragen müssen. Und mein erstes Fahrrad habe ich geklaut, weil wir uns nicht leisten konnten, eines zu kaufen. Man hat immer zu spüren bekommen, dass man als Ausländer nicht wirklich gesellschaftsfähig ist. Einige hat das dann fast automatisch umgepolt, wobei das auch viel mit Ausländerstolz und Vorstellungen vom „Mann sein“ zu tun hatte. So war es zumindest bei mir. Ich wollte dann irgendwann dafür sorgen, dass mein Umfeld sich mit mir identifiziert, nach dem Motto: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.“ Heute weiß ich, dass das absolut dumm war. Aber damals hat mir das sehr viel gegeben – weil ich mich zum ersten Mal anerkannt fühlte.

Das heißt, bei Differenzierungen zählt in Deutschland noch mehr als die Frage der Herkunft die Frage der Schicht?

Yassir: Natürlich. Kleider machen Leute. Wenn Du als Ausländer mehr Geld hast, dann wirst Du in Geschäften besser behandelt als ein Deutscher ohne Geld. Und ein deutscher Sozialfall wird meistens auch nicht besser behandelt als ein türkischer. Es geht immer um Kapital und soziale Schichten. Aber trotzdem ist es natürlich so, dass auch Religion zur Spaltung der Menschen beitragen kann – das sollte man nicht vergessen. Weiterlesen

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Atlum Schema – What Else Is There (Royksopp)

„This is the best cover I’ve seen.“

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Buschkowsky: Die Stimme des Blutes deines Bruders

Heinz Buschkowskys Vorabdrucke aus seinem offen rassistischen Buch „Neukölln ist überall“ werden derzeit in der BILD-Zeitung abgedruckt. „Wo bin ich denn hier eigentlich? Ist das noch meine Stadt, meine Heimat?“, fragt sich Buschkowsky. Ja, möchte ich sagen, das ist Deine Heimat, und meine auch, und das was Du sagst haben schon viele vor Dir gesagt, und sie haben sich damit sogar sehr heimelig gefühlt.

„Wir erziehen unsere Kinder zur Gewaltlosigkeit. Wir ächten Gewalt in der Begegnung und bringen das unserem Nachwuchs bei. Andere bringen ihren Jungs bei, stark, tapfer und kampfesmutig zu sein. Die Ausgangssituation ist einfach ungleich.“

Ich lese so etwas, und ich wundere mich nicht. „Im Zweifel gilt es, der ethnischen Schwester und dem ethnischen Bruder zu helfen.“ Auch darüber wundere ich mich nicht. Ich denke: „Vox sanguinis fratris tui clamat ad me de terra.“ Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.

Buschkowsky ist 1948 geboren. Ich kam 1980 auf die Welt. Als er 1991 das erste Mal Bezirksbürgermeister wurde, wurde ich von meiner Klassenlehrerin im Unterricht nach vorne gebeten, damit ich erklären sollte, wie ich mich zum Irak-Krieg positioniere. Ich wusste damals nicht, wo der Irak liegt, aber das interessierte die Lehrerin nicht – als ethnische Schwester im weitesten Sinne würde ich ja schon etwas irgendwie Erhellendes sagen können. Ich sagte das, was jede_r meine_r Klassenkameraden gesagt hätte, weil wir alle dasselbe Kinderwissen aufgebaut hatten, das Fernsehfetzen hinterlassen. Dass ich Krieg doof finde, und Saddam Hussein auch, und das wusste ich, dass ich nicht mehr zu sagen hatte als meine Altersgenossen im selben Klassenraum, aber ich wusste auch: Wenn ich es sage, ist es etwas anderes, weil ich in den Augen der gesamten Klasse, der Lehrerin, „zu denen“ gehörte, gegen die gerade Krieg geführt wird. Weiterlesen

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