Arabisch und nordafrikanisch aussehende Menschen™

Vorab: Ich hatte ein sehr schönes Silvester, und insgesamt auch sehr angenehme Feiertage, danke der Nachfrage. Da ich ein arabisch aussehender™ Mensch bin, mit arabischen Namen (der für manche Kartoffeln eher persisch klingt, aber dazu später vielleicht mehr), ließ es sich in meinem Fall nicht vermeiden die Feiertage mit anderen arabisch aussehenden™ Menschen zu verbringen. Auch Männer (unter anderem bspw. mein Vater, der je nach Tagesform aber auch mal aussieht wie Adriano Celentano, also wie ein Italiener, aber dazu später vielleicht mehr) waren dabei, also, arabisch aussehende Männer™, von denen man ja jetzt viel in der Zeitung liest. Es geschah, auweiah auweiah, ebenfalls, dass mir arabisch und/oder nordafrikanisch™ aussehende männliche Freunde ein frohes neues Jahr wünschten.

Arabisch aussehender Mensch™ mit Raclette-Pfanne bewaffnet. Dieses Bild wurde an Silvester, jedoch nicht in Köln aufgenommen.

Als arabisch aussehender Mensch™ bin ich (wie viele andere arabisch aussehenden Menschen™) auch mit anderen arabisch und/oder nordafrikanisch aussehenden Menschen™ befreundet, wobei das nicht bedeuten muss, dass all diese Menschen zwangsläufig etwas mit irgendeinem „Arabien“™ zu tun haben – manche sind auch einfach nur türkisch, kurdisch, afghanisch oder pakistanisch, zum Beispiel.

Sieht Adriano Celentano aus wie ein arabischer Mann oder sehen arabische Männer manchmal aus wie Adriano Celentano? Fragen über Fragen!

Sieht Adriano Celentano aus wie ein arabischer Mann oder sehen arabische Männer manchmal aus wie Adriano Celentano? Fragen über Fragen über Fragen!

Ich glaube aber, dass wir arabisch aussehenden Menschen das insgesamt etwas großzügiger sehen, denn es ist ja auch alles nicht so einfach für die Kartoffeln, denn wir Schwarzköpfe sehen ja auch oft alle gleich aus. Und das sind ja nicht die einzigen Probleme bei der Identifizierung. Ich zum Beispiel, als arabisch aussehender, deutsch sprechender Mensch mit anscheinend persisch klingendem Namen sorge zum Beispiel immer wieder für Verwirrung. Die Frage „Woher kommst Du?“ ist für mich primär nicht wegen ihrer eigentlichen Unverschämtheit ein riesengroßer Nervfaktor, sondern weil ich seit Jahrzehnten zusehen muss dieses Interesse an meiner ethnischen Herkunft nicht zu einem Ratespiel auswachsen zu lassen, denn dabei geht meine Lebenszeit drauf. Warum? Darum:

„Oh, Dein Name ist aber interessant, ist das persisch?“ „Nein.“ „Eeeeeecht? Aber was dann???“ „Ist ein arabischer Name.“ „Oh! Welches arabische Land? Warte lass mich raten…“ Oh bitte. Bitte, bitte, bitte nicht.

Ich meine, gut, wenn sich die Herkunftsfrage alleine am Nachnamen entfaltet habe ich schon Zeit gespart – ich wurde auch schon für griechisch, spanisch, italienisch, maltesisch, ungarisch, bulgarisch und portugiesisch gehalten. Trotzdem, wir reden pie mal Daumen über mehr als 20 Länder, und Erdkunde ist noch oft nicht die größte Stärke linientreuer Kartoffelmenschen. Hobby-Geographen sind auch die allerwenigsten (auch wenn einige natürlich regelmäßige Nahost-Urlauber_innen sind).

Ich weiß nicht wie viele Menschen in Deutschland seit Silvester 2015 glauben, dass Syrien in Nordafrika liegt, aber ich schätze es sind mehr als zehn. Ich weiß nicht wie viele Menschen in Deutschland seit Silvester 2015 glauben, die Mehrheit der nach Deutschland geflüchteten Menschen kommt aus Nordafrika™, aber ich glaube es sind mehr als 20.

Die neudeutsche Tradition jetzt über „nordafrikanische und arabische Länder“™ zu sprechen entspricht aber natürlich dem Wunsch nach Ordnung, Vollständigkeit und Korrektheit. In Deutschland macht man keine halben Sachen, da ist man informiert und weiß Bescheid. Und Wikipedia sagt es ja schließlich auch:

„Der Begriff arabische Welt (…) bezeichnet eine Region in Nordafrika und auf der Arabischen Halbinsel. Staaten mit einer mehrheitlich arabischen Kultur sind Teil der arabischen Welt.“

Ich bezweifel trotzdem das all diejenigen, die jetzt mit großem Eifer (und auch im gut gemeinten Sinne) über arabisch und nordafrikanisch aussehende Menschen™ sprechen, überhaupt wissen, woher arabisch und nordafrikanisch aussehende Menschen™ kommen.

Deswegen begegne ich den Schlagzeilen da draußen seit einigen Tagen auch mit einer ordentlichen Portion Lethargie. In meinen schlimmsten Alpträumen nuschelte mir der allwissende BeDeNaZ (Berühmtester deutscher Nahostexperte aller Zeiten) Peter Scholl-Latour in den letzten Tagen zu: „Dumpf und monoton dröhnten die Rufe der abendländischen Gemeinde angesichts der Ereignisse von Köln. Man müsse jetzt unbedingt über den Orient reden, forderten sie. Bedrohlich, obskur, ja fast apokalyptisch wirkte das Pfeifen der Demonstrierenden – der Kampf der Kulturen war zum hundertzwölfzigstausendten Male wieder im vollen Gange. Forderungen nach Abschiebung, Schließen der Grenzen und Schutz der germanischen Gemeinde machten laut die Runde.“

Und selbst Personen, die ich sehr schätze, schreiben auf einmal Sätze wie diese: „Natürlich müssen wir über Geschlechterordnungen in arabischen und nordafrikanischen Ländern sprechen.“ Wait, but why? Macht das doch nicht liebe Freund_innen! Verlinkt wird im selben Text dann leider auch auf einen Artikel, der tendenziös mit „Warum gibt es in vielen arabischen Ländern regelmäßig sexuelle Gewalt gegen Frauen?“ betitelt ist – so, als sei regelmäßige sexuelle Gewalt gegen Frauen weniger bei „uns“, sondern primär „da drüben“ eine Spezialität.

Ich weiß, das alles ist wahrscheinlich trotzdem wie immer gut gemeint, aber ich möchte das alles nicht. Ich möchte nicht dass irgendwelche Menschen in Deutschland, die…

  • … wahrscheinlich nicht mal alle arabischen und/oder nordafrikanischen Länder kennen
  • … wenn überhaupt diese Länder nur aus Medien/Urlaub/vom Hörensagen kennen (oder weil sie mit jemandem befreundet sind, der_die „da herkommt“ (oder die Eltern dieser Person)
  • … das binäre Narrativ „Herkunftsdeutsche vs. Ausländer“ bedienen
  • … usw. usf.

… über arabische und nordafrikanische Länder sprechen. Selbst ich möchte nicht über arabische und nordafrikanische Länder sprechen because, they are not a country und ich keine Planetenexpertin. Ich bin froh wenn ich mir in Nablus ein Falafel bestellen kann ohne mich halbwegs zu blamieren – warum zum Teufel sollte ich jetzt also anfangen über Geschlechterordnungen in Mauretanien zu sprechen? Ich schätze, meine Cousins und Cousinen und Onkel und Tanten außerhalb Deutschlands (alle arabisch aussehend™, natürlich), haben mehr Sorge was mein Wohlergehen in Deutschland betrifft als das andersrum mein Orakeln über ihre akute Geschlechterordnung die Kackscheiße von Köln erklären könnte. Sie werden spätestens dann diese Sorgen entwickeln wenn sie sehen was grad in der internationalen Presse rumgeistert, nämlich die Behauptung, die Stadt in der ich lebe sei eine No-Go-Area für Frauen:

WIE BITTESCHÖN SOLL ICH DAS MEINER ARABISCH AUSSEHENDEN FAMILIE IN EINEM ARABISCHEN LAND ERKLÄREN?

WIE BITTESCHÖN SOLL ICH DAS MEINER ARABISCH AUSSEHENDEN FAMILIE IN EINEM ARABISCHEN LAND ERKLÄREN?

Ich sage nur: Sollte ich irgendwann mal kriminell werden möchte ich nicht, dass sich wegen mir eine Integrationsdebatte entspinnt. Ich möchte nicht, dass die Grenzen dicht gemacht werden oder Leute abgeschoben werden. Ich möchte auch nicht, dass wegen mir Syrien und/oder Afghanistan bombardiert werden (nicht, dass meine Wurzeln™ dorthin führen würden, aber man weiß ja nie). In meinem Fall über Ausweisung oder Abschiebung zu sprechen würde sich aber eventuell von selbst erledigen: Ich schätze, ich bekäme wahrscheinlich keinen Aufenthaltstitel für Duma in der Nähe von Nablus in der Westbank (wer hier nicht weiterkommt: Wikipedia hilft!). Ich täte einen normalen Strafprozess nehmen, denn was besseres anderes gibt es ja im Moment nicht.

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Soviel dazu heute. An anderer Stelle habe ich in dieser Woche darüber geschrieben, warum der Rassismus in vielen Debatten dieser Woche übrigens fester Bestandteil von Rape Culture ist. Den Text findet Ihr hier.

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30 Gedanken zu „Arabisch und nordafrikanisch aussehende Menschen™

  1. […] dazu heute. Dieser Text ist ein Crosspost. An anderer Stelle habe ich in dieser Woche darüber geschrieben, warum der Rassismus in vielen […]

  2. Hooloovoo sagt:

    Tausend Dank für den Artikel. Ich weiß nicht, was die richtige Reaktion auf die ganze Berichterstattung ist – Fassungslosigkeit? Heulen? Lachen? (Four cities no-go, jawolllllll…) Einfach ignorieren? Egal, dein Text hat mir auf jeden Fall das Gefühl gegeben, dass noch nicht alle am Rad drehen.

    Ein nordeuropäisch aussehender Mensch.

  3. […] Die Prinzessinnenreporter über Journalismus Enno Park mit Nüchternheit Teresa Bücker bei Edition F Hilal Sezgin: Ich bin es leid Kommentar von Sonja Mikich Altpapier: Jeder spielt seine Rolle Anne Wizorek im Interview mit der Frankfurter Rundschau Kolumne von Sascha Lobo Ingrid Strobl: Eiertanz Hannah C. bei der Mädchenmannschaft Musa Okwonga: Let’s keep sticking up for the women Stephanie Lohaus und Anne Wizorek über Rape Culture Hengameh Yaghoobifarah: Willkommen in der Hölle, Ladies Margarete Stokowski: Des Rudels Kern Shehadistan: Arabisch und nordafrikanisch aussehende Menschen (TM) […]

  4. struppi sagt:

    Naja, wer ein Problem mit Interesse und Neugier an der eigenen Identität hat und diese als „Unverschämheit“ betrachtet, hat wohl ein grundsätzliches Problem beim Miteinander. Die Frage „woher kommst du“ ist überall auf der Welt ein Zeichen für ein positives Interesse. Aber vielleicht bin ich da einfach entspannter, da ich nur bei meinen Auslandsaufenthalte gefragt werde.

    Das bei Kriminalität – und ich hoffe da sind wir wenigstens einer Meinung, dass es darum geht – ist es immer wichtig über den sozialen Hintergrund zu sprechen. Ansonsten ist eine Prävention nicht möglich. Zumindest ist das die Sichtweise der eurozentrischen Justiz. Die Bestrafung steht nicht im Vordergrund, sondern es geht darum Verbrechen zu verhindern. Das geht natürlich nur, wenn man das Umfeld in dem diese Verbrechen entstehen kennt.

    D.h. jeder der wirklich die zukünftigen Vermeidung solcher Vorfälle wie in Köln im Sinn hat, muss sich mit der Frage beschäftigen woher (im sozialen Sinne) die Täter kommen. Wenn du also kriminell wirst, wird sich der Richter fragen ob u.a. deine kulturelle Herkunft eine Erklärung für dein Verbrechen ist und wenn das bei vielen, die eine ähnliche Sozialisation haben, vor kommt wird man sich über Gedanken machen, ob und wie man dies verhindern kann.

    Wobei mich mehr interessiert hätte, wo dieses zusammentreffen organisiert wurde? Ich nehem an, es gibt FB Gruppen o.ä. und was wurde dort verabredet? Dabei ist dann z.b. dieSprache ein Problem. Meines (eingeschränkten) Wissens ist aber die arabische Sprache eine Klammer für weite Teile der aktuelle nach Deutschland geflohene?
    Daher kommt vermutlich auch die manchmal ungerechtfertigte geografische Zuordnung.

    Aber letztlich ist alles eine Frage der Reflexion.

  5. Hendrik sagt:

    Unglaublich mit welcher Aroganz einige „Pseudointellektuellen“ ihren geistigen – Zitat: – „Kackscheiss“ publizieren und sich für geistige Übermenschen halten, gleichzeitig aber nichtmal das Setzen von Kommatar beherrschen.

    Wen interessiert schon was du willst?

    Lächerlich!

    Der ganze Text wirkt wie die kleine verzogene Lieblingstochter-Prinzessin die gerade mal wieder nicht ihren Willen bekommt und jetzt anfängt zu kreischen. Danke für einen Einblick in deine (und anscheinend auch die einer guten Bekannten, welche den Artikel geteilt hat) Gedankenwelt.

    Provozieren kann jeder und ist einfach. Wirklich angreifbar macht man sich nur,
    wenn man auch Lösungen oder Ideen anbietet. Aber genau dieses Gejammer nervt nur noch!!

    Fuck you!
    Deine Kartoffel!

    • Jörg sagt:

      @Hendrik: Nur ein Hinweis: Die Mehrzahl von „Komma“ lautet „Kommata“. Nicht „Kommatar“.
      Das Niveau deines Kommentars ist so unterirdisch, dass sich hier eigentlich jegliche weitere Antwort Zeitverschwendung ist. Aber, nein, ich finde weder, dass der Text der jungen Dame „arrogant“ klingt, noch dass er „wie von einer verzogenen Lieblingstochter-Prinzessin“ klingt. Ich gaube auch nicht, dass du überhaupt verstehst, worum es in dem Text geht.
      Wenn es dich auch dementsprechend gar nicht interessiert, was sie wollte (wie du ja auch selber zugibst), dann : Warum behältst du dann deine geistige Umnachtung nicht einfach für dich?

      • Hendrik sagt:

        Hallo Jörch, vielen Dank für deinen Hinweis, auch wenn du mich jetzt komplett entlarvt hast. 😀

        Die abschließende Frage, könnte ich jetzt wiederholen, da Sie einen tollen Kommentar zu deinem Beitrag abgeben würde, aber ich beantworte deine Frage lieber:
        Weil ich genau weiß, worum es geht und es mich aufregt!

    • Es ist ein Blog.
      „Wen interessiert schon was du willst? Da fehlt aber auch ein Komma.
      Wenn es dich nicht interessiert, dann schau halt weg.
      Es ist – wie gesagt – ein Blog.

    • Ingrid-Luise Lührs sagt:

      Hendrik, danke für diesen Beitrag!! Selbst rassistisch zu sein bis zur Unerträglichkeit aber sich aufschwingen zur Erklärer_innen der Welt…..vielen Dank! Denn dieser „Kackscheiss“ ist so kontraproduktiv, wie es nur geht. Ich würde jetzt so gerne noch sehr viel über die faschistoide und rassistische Einstellung der Muslimminnen (auch der angeblich feministischen ) und Muslime sagen, aber das würde hier zu weit führen! Arroganz auf allen Ebenen von diesen muslimisch geprägten Damen und Herren, aber zum Glück ist das Ende der verlogenen „Political Correctness“ endlich in Gang gesetzt worden!

    • bengie sagt:

      Setzen von Kommatar kannst du auch nicht? Richtig wäre „Wen interessiert schon, was du willst?“

    • Sara sagt:

      Lächerlich ist es, jemanden wegen seiner Zeichensetzung lächerlich zu nennen und in genau dem Satz selbst einen Komma-Fehler zu machen:
      „Wen interessiert schon, was du willst?“ heißt es korrekt.
      Und by the way: Der Plural von Komma ist Kommata nicht KommantaR.
      Wenn du schon Grammar-Nazi spielen willst, dann doch bitte richtig.

      • Hendrik sagt:

        Lächerlich ist es auch, gar nicht erst zu verstehen, was lächerlich ist. Wer jetzt alle Fehler im Kommentar aufzählt, bekommt eine Leckmuschel.

    • Mit Verlaub, das, was Sie hier kritisieren, tun Sie zum Teil selbst. Zum Beispiel heißt es „Kommata“ und nicht „Kommatar“. Und gleich im nächsten Satz unterschlagen Sie selbst ein Komma. Richtig müsste die Frage lauten: „Wen interessiert schon, was du willst?“. Außerdem fehlen zwei Kommata im Satz: „Der ganze Text wirkt wie die kleine verzogene Lieblingstochter-Prinzessin, (!) die gerade mal wieder nicht ihren Willen bekommt, (!) und jetzt anfängt zu kreischen.“ („die gerade mal wieder nicht ihren Willen bekommt“ ist ein Relativsatz, der zwischen zwei Hauptsätze eingesetzt ist. Daher kommt auch vor dem „und“ ein Komma.)

      Darüber hinaus konnte ich aus Ihrem Beitrag nicht herauslesen, welche konstruktiven Lösungsvorschläge, Ideen und Argumente Ihnen vorschweben. Vielleicht mögen Sie diese noch einmal erläutern?

      Freundliche Grüße von einem Kartoffel-Baguette 😀

    • Kay sagt:

      Ich würde dem Artikel auch nicht im Ganzen zustimmen – aber wer anderer Leute Rechtschreibung und Zeichensetzung kritisiert, sollte zunächst vor der eigenen Tür kehren.
      So heißt es zum Beispiel Arroganz, nicht Aroganz und Kommata nicht Kommatar. Ach ja, und sowas wie zwei Ausrufezeichen gibt es, grammatikalisch gesehen, nicht.

      Der Rest des Texts ist auch nicht einwandfrei, aber ich soviel Zeit habe ich gerade nicht. 😉

      Liebe Grüße vom Duden-Team.

    • andrea kraus sagt:

      arroganz wird mit doppel r geschrieben, nichtmal eigentlich getrennt. kommatar, ist das ein land? und nach lieblingstochter-prinzessin … weshalb eigentlich mit bindestrich … ein komma, eigentlich.

  6. Vielen Dank für diesen Blogbeitrag! Wir haben als Familie herzlich darüber gelacht. Ich fand ihn sprachlich enorm gut gemacht und bin selbstverständlich auch bei der „Kartoffel“ zusammengezuckt – denn immerhin bin ich halbe „Kartoffel“ und halbe „irgendwie-anders-aussehende-Person“ 😉 Ich fragte mich schon an der Stelle, ob hinterher viele den gesamten Text nicht mehr wahrnehmen, sondern sich nur noch darauf beziehen würden. Genau so kam es – ich habe den Artikel in meinem FB-Account gepostet und die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. „Kartoffel“ ist das absolut rote Tuch – da kann man mal sehen, wer bei einer solchen Bezeichnung sofort durch die Decke geht.

    Ansonsten: ich verwende auch einen großen Teil meiner Zeit darauf, meine Herkunftsfrage zu klären – bin in meinem Leben so insgesamt auf 40-50 verschiedene Nationalitäten geschätzt worden. Habe das an sich auch für mich immer als „Interesse“ verbucht und es hatte auch abgenommen. In den letzten 1,5 Jahren ist es wieder ein ständiges Thema.

    Also: ich finde den Beitrag spitze!

    Viele Grüße,
    Roma

  7. Hallo Frau Shehade, ich teile Ihre Kritik und Ihre Position bezüglich der Berichterstattung zu den Geschehnissen vor dem Kölner Hauptbahnhof in der Sylvesternacht, ebenso wie die am Gros der politischen und gesellschaftlichen Reaktionen im Anschluss. Diese sind in weiten Teilen geprägt von tiefem Rassismus und einer Instrumentalisierung der Opfer der Attacken um niederste pauschale Vorurteile bedienen zu können. Ihr Text weist sehr präzise auf viele der Mechanismen hin, die bei der Herausbildung und Verbreitung rassistischen Gedankenguts in Europa am Werke sind. Ich habe nur ein massives Problem damit, dass Sie sich in Ihren Darstellungen des Anderen, im Fall Ihres Kommentars, der dumpfen, rassistischen, ungebildeten, deutsch aussehenden Kartoffel, der gleichen rassistischen Argumentationsmuster bedienen, die Sie diesen berechtigter Weise zum Vorwurf machen. Damit konstruieren Sie ein ebenso pauschales wie undifferenziertes Bild gefolgt von einem verallgemeinernden Urteil, dessen Haltbarkeit sich genauso in Luft auflösen dürfte, wie das von Ihnen angeprangerte. Auch Ihr Text entwickelt ein stereotypes Andere (eigentlich gleich zwei, das je Andere des Anderen), dass sich ebenso wesenhaft, wie äußerlich von seinem Gegenüber unterscheidet. Dazu entziehen Sie (im Falle Scholl-Latour bin ich voll bei Ihnen) vielen Menschen die Fähigkeit sich als kompetente Sprecher in Bezug auf spezifische Sachverhalte zu erweisen und zwar qua Herkunft. Rassistisches Denken ist kein Phänomen, welches nur weiße, heterosexuelle Menschen betrifft, sondern jeden gleichermaßen befallen kann. Auch wenn ich Ihnen nicht unterstellen möchte, dass eine Vertiefung der gesellschaftlichen Gräben, Ziel Ihres schreibens ist – ich vermute, dass Gegeteil ist der Fall und Ihre Frustration über die Ignoranz der gefühlten Mehrheit diesem Vorhaben gegenüber, ebenso groß wie meine -, so trägt er doch mit seiner Diktion und der Konstruktion eines Stereotypen anderen, genau dazu bei.
    Sollte es sich um eine zynische Polemik handeln, habe ich dies leider nicht eindeutig heraus lesen können. Dann ist meine Kritik wohl ehr auf ein Sender-Empfänger-Problem zurückzuführen.
    Durch den fb Post eines Freundes auf Ihre Texte aufmerksam geworden, werde freue ich mich in Zukunft mehr von Ihnen lesen zu können.
    Bei aller Kritik: Danke für den Text, inhaltlich er trifft den Punkt!
    Filip

  8. Nina Turner sagt:

    erfrischender Beitrag
    Es ist aber so, dass das nordafrikanisch/arabisch/südländische Aussehen für die berichteten Vorgänge relevant ist, leider. Da geht’s nach meiner Ansicht nicht dran vorbei.
    Du hast nichts damit zu tun, und doch hast Du etwas damit zu tun, weil Du mit nordafrikanisch/arabisch/südländischem Aussehen behaftet bist.
    So etwas kommt vor, und es passiert nicht nur nordafrikanisch/arabisch/südländisch aussehenden Menschen.

  9. […] worden dazu; der beste meiner Ansicht nach von Hilal Sezgin in der Zeit. Gestern noch hat Nadia Shehade von Shehadistan einen ziemlich krawalligen, aber ich finde, großartigen Text formuliert. Ich dachte – ach, […]

  10. sabine sagt:

    Wieso ist es in Ordnung, Deutsche mit der Bezeichnung Kartoffel zu diskriminieren?

    Wieso machst du Dich als Frau über Frauen lustig, die Opfer sexueller Gewalt wurden?

    Zählen für dich nur Opfer deutscher Täter? – wer Gewalt durch einen Nicht- Deutschen
    erleben musste, darf der Lächerlichkeit preisgegeben werden?

    Dein Text zeigt, Dein Wertesystem: Wenn etwas passiert, das mit deinem sorgsam gehüteten Weltbild kollidiert, darf alles gemacht werden, damit Du weiter in Deiner engen kleinen Welt bleiben kannst: Opfer lächerlich machen, die Wahrheit unterdrücken und andere diskriminieren.

  11. Lucian sagt:

    Ich habe mir die zeit genommen und disen Artikel durchgelesen. Außer die selbstglorifizirung deiner Sprachkenntnissen ( als nicht Kartoffel =Pfuiii really! andere Menschen in namens sozialen Gerechtigkeit so zu nennen ), was ist der SINN diser Schrift? Was SOLL ES ERREICHEN?

  12. Das brave, ordentliche Sauerkraut sagt:

    Ich sehe das ähnlich wie struppi und denke, dass hier fatal aufgrund der eigenen Herkunft übertrieben wird. Als ich mehrere Jahre im französischen Nachbarland verbrachte, habe ich mich beständig mit der Frage der Herkunft konfrontiert gesehen. Oftmals ist es ein Aufmacher für ein Gespräch. Oftmals ist es auch eine Annäherung, um über diese Frage die eigenen Vorurteile gegenüber fremden Menschen aus dem Weg zu räumen. Der Großteil der Franzosen sah mich also als „braves, ordentliches Sauerkraut“ – eine, ja vorurteilsbeladene, Beschreibung von Deutschen, die ich bei Interesse dann aus dem Weg räumen konnte. Die in Frankreich lebenden Maghrebiner, vor allem Männer, betrachteten mich wiederum als Freiwild. Denn seltsamerweise scheint Deutschland mit seiner liberalen Kultur noch freizügiger wahrgenommen als Frankreich. Auch mein Aufenthalt in Algerien bestätigte mir diese Art der Voreingenommenheit mir gegenüber. Das permanente „Hinterherschnalzen“, wenn man tagsüber auf der Straße sich aufhielt. Die Unsicherheit im öffentlichen Raum, die nicht wegzumachen war durch die Anwesenheit vertrauter Männer. Die Gefahr, die sich ergab, sobald man als Frau eigene Wege gehen wollte. Die Unmöglichkeit, ein Gespräch mit Männern zu beginnen. Das permanente Ausblenden des eigenen Seins, in dem einfach über einen hinweg gestarrt wird. Das sind Erfahrungen, die ich im „arabischen Raum“ gemacht habe. Wenn ich den Wikipedia-Eintrag richtig verstehe, wird hier der arabische Raum zum einen durch die Sprache und zum anderen durch die vorherrschende Kultur gekennzeichnet. Und jetzt kann man sagen: leider leider hat der Maghreb seine eigenständige Kultur schon lange verloren und ist nicht in der Lage, sie wiederzugewinnen. Es ist nunmal ein Fakt, dass das arabische in diesen Ländern seit Jahren die Oberhand gewinnt. Damit einher gehen kulturelle Repressionen, die sowohl Männer als auch Frauen im alltäglichen Leben einschränken. Die Geschlechterstereotype reproduzieren, die zu Übergriffen, wie es in Köln geschah, führen. Diesbezüglich gibt es auch in anderen arabischen Ländern (das ist ja jetzt kein unbekanntes Wissen) die vornehmlich religionsbedingte Einschränkung einer vormals liberaleren Lebensweise für beide Geschlechter, siehe z.B. Persepolis.
    In diesem Zusammenhang finde ich daher den Artikel unglaublich dünn und bemüht und vor allem selbstgefällig, so als wäre die Kultur etwas, was das Gegenüber entweder stante pede zu akzeptieren und zu ignorieren hätte. In gewisser Weise ist dies auch anmaßend meine Gesprächspartner gegenüber. Denn ich erwarte das er mich als Neutrum wahrnimmt, unabhängig von seiner kulturellen Prägung. Das ist schlicht und ergreifend ignorant und demütigend.

  13. Christine sagt:

    Dein Beitrag bringt uns leider kein Stück voran! Im Gegenteil! Du willst nicht pauschal in eine Gruppe von Schwarzköpfen geworfen werden und pauschalisierst gleichzeitig alle Kartoffeln in einen Korb?! Du bist keinen Schritt weiter,alsdie,die du hier anklagst!
    Dass es leider immer weniger selbst denkende Menschen mit Verstand & nötigem emotionalen Abstand gibt,lässt sich nicht abstreiten, allerdings gilt das leider für alle gleichermaßen auf diesem Planeten,egal ob Kartoffel, Schwarz-, Braun-, Rot- oder Blondkopf! Dennoch kann ein rechtsfreier Raum,welcher einen Mob wie in der Silvesternacht darstellt, nicht akzeptiert werden! Die hiesigen Gesetze sind für alle verbindlich & sichern ein friedliches Zusammenleben aller Ethnen, weshalb über solche Vorkommnisse diskutiert werden muss!
    Dass einen die Frage der Herkunft nervt, kann ich verstehen, da sie oft an Vorurteile geknüpft ist! Doch gerade deshalb muss sie gestellt werden und da darf Fragerei genauso wenig aufhören! Ohne offene Kommunikation & Diskusion laufen wir alle auf den gleichen Leim & werden uns immer wieder mit Kriegen & Ungerechtigkeiten abfinden müssen!
    Think different, denn es ist nicht wichtig wo du herkommst, sondern wohin du wie gehen willst!

  14. Abdurrahim sagt:

    Nicht gerade die beste Wortwahl, aber im Hinblick auf eine situative Reaktion gegenüber populistischen Debatten von Volks-Dummagogen nachvollziehbar und unter einigen Umständen sogar vertretbar. Meine Meinung: Ist eh egal was und wie man was solchen Individuen zuträgt.

    Um deinen Gedanken folgen zu können benötigt es ebenfalls einer Reflexion. Anscheinend spielen sich hier einige nicht nur als ach so reflektierte Gutmenschen auf, sondern sind zugleich Hobby-Kriminologen. Ich ahne schon was kommt, wenn man bei einigen zwischen den Zeilen lesen würde.

    Sicherheit gewinnt man nicht mit Schüren von Angst oder durch ethnische, kulturelle und religiöse Differenzierungen. Denn in keiner der genannten Ethiken, Kulturen und Religionen, sind die Verhaltensweisen der Straftäter akzeptiert. Und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit hat sich keines dieser Täter ihre Taten ethnisch, kulturell oder religiös begründet. Denn unter den „hiesigen“ vorherrschenden Bedingungen würden in vielen Fällen solche aus ihren Familien ausgestoßen werden, sich nur unter kriminellen Kreisen wiederfinden und (Todes-)Strafen unterliegen werden. Also was bringt eine herkunftspezifischer Blick auf die Täter, die ebenso straffällig und strafbar sind oder geworden wären?

    Was passiert, wenn die Tatmotive mit der Herkunft verknüpft werden könnten? Weisen wir jetzt alle, und Unschuldige, aus, die solch einem Profil entsprechen? Aus der Perpektive entpuppen sich die rassistischen Denkweisen.

    Liebe Grüße
    Kümmel

  15. Xomolix sagt:

    Lieber Hendrik, wenn man Satzzeichenfehler kritisiert, sollte man aber auch selber keine machen und auch den Plural von Komma richtig beherrschen.

    Zu Nadia’s Post: ich finde es sehr fragwürdig, mir aus purer political correctness die Frage zur Herkunft meines Gegenübers verkneifen zu müssen.
    Ist es nicht eher ein Vorurteil des/der Gefragten, dass diese Frage automatisch eine rassistische Motivation hat? Viele Menschen haben einfach eine gesunde Neugier und das sollte nichts Verwerfliches sein.

  16. Großartiger Text! Ähnliches berichten die internationalpens aus Hamburg, eine Internationale Vorbereitungsklasse, in der die Kids in erster Linie Deutsch lernen. Unter unten stehender Adresse berichten sie auf Englisch von ihrem Alltag in Teutonien und den Umständen, wie sie überhaupt hier landen konnten. Sehr interessant, schaut gerne rein, die pens freuen sich!

    My life as a refugee

    Beste Grüße

    Jan

  17. […] Lesen: Angstmacherei mit System“, “ Arabisch und nordafrikanisch aussehende Menschen™“, Willkommen in der Hölle, Ladys” Rassismus meets Rapeculture […]

  18. […] wahre Gefahr kommt und wer hier die von Natur aus Bösen sind. Dabei kann man die doch so gut am arabischen oder nordafrikanischen Aussehen, nichtdeutschen Pass oder der Religionszugehörigkeit erkennen. Und wenn dann auch noch all das […]

  19. Llort Soumynona sagt:

    Hallo Frau Shehade,

    sind Sie Perserin?

    Liebe Grüße
    Llort Soumynona

  20. […] oder auch Fasching und dem Oktoberfest schon lange vor 2015 Alltag waren? Und was hat das alles mit „nordafrikanischem Aussehen“ ™ zu […]

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