Hallo Anne Will! So machen Sie aus Ihrer #aufschrei-Sendung, die garantiert scheiße wird, garantiert eine gute!

Flickr (c) pheezy

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Oha. Dank der Überforderung mit dem Thema #aufschrei geht der Alptraum der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender schnurstracks weiter. Das Thema der Anne Will-Sendung morgen abend ist nämlich: „Sexismus-Aufschrei – hysterisch oder notwendig?“. Und das ist die Gästeliste: Renate Künast, Heiner Geißler, Anke Domscheidt-Berg, Monika Ebeling, Jan Fleischauer.

Machen wir uns nix vor, da ist ein Gast schlimmer als der andere. Ich möchte nicht behaupten, dass es jemals eine gute Anne Will-Sendung gab – das allein verbietet der Journalisten-Polittalk-Ehrenkodex, der stets dafür sorgt, dass Menschen, die frei von Expertisé und Fachwissen bezüglich der jeweils verhandelten Themen sind, auch prozentual ausreichend (> 60%) im Studio platziert werden. Aber. Statt der oben genannten Personen hätte man in Anteilen auch Ernie und Bert, eine George Carlin-Bauchrednerpuppe oder Flat Eric zur Debatte bitten können – mit einem ähnlich schockierenden oder sogar doch besseren, weil aufschlussreicheren Diskussionsergebnis. Denn, wir können jetzt schon ohne jeden Zweifel und ohne empirische Vorab-Überprüfung festhalten: Das wird mit Sicherheit ebenfalls eine der schlimmsten Sendungen der Fernsehgeschichte des Abendlandes. Trust me. (Es sei denn, jemand stellt der ARD endlich mal den Strom ab.)

Die Runde sollte morgen gar nicht über Sexismus sprechen. Nicht eine Minute lang. Es gibt schließlich genug andere Themen. Es gibt auch genug andere mögliche Aktivitäten. Ich möchte zwecks Verbesserung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, das ich mit meiner GEZ-Gebühr mitfinanziere, dessen latenten Sexismus und Rassismus ich mit meiner GEZ-Gebühr ungewollt mitfinanziere, verantwortungsvoll meine Rolle als mündige Bürgerin ausfüllen und hier pro-aktiv einige Vorschläge zwecks Sendungsoptimierung auflisten. Ich stelle sie kostenfrei zur Verfügung.

Szenario 1: Eine Sendung zum Thema „Schweigeminuten“. Alle anwesenden werden auf ihren Sitzplätzen platziert, niemand redet während der Sendezeit, Kamera läuft. Zoom auf Heiner Geißler, und zwar jedes Mal wenn er sich an der Nase kratzt oder die Stirn runzelt. Als Hintergrundmusik wird ausgesucht: Das hier, in Dauerschleife. Einfach, um mahnend zu erinnern, mit welch Gräuel unsere Gehörorgane erfüllt werden könnten – sollten die Anwesenden anfangen zu sprechen.

Szenario 2: Die Debatte wird geführt wie geplant, und in dem Moment größter Schrecklichkeit (zum Beispiel dann, wenn Fleischauer was von Erdbeerschnitten in Bäckereien erzählt – einfach um zu verdeutlichen, wie er so zum Thema Sexismus steht) springen Cherno Jobatey, Frank Elsner und Guido Cantz in die Kulisse und singen „Lass Dich überraschen„, während ein Praktikant damit beauftragt wird, einer verdatterten Anne Will die versteckten Kameras zu zeigen.

Szenario 2a: Ausgangssituation wie oben (die Debatte wird geführt wie geplant und das Audio wird mitgezeichnet), nur wird das Ganze als Tonspur für eine Beavis & Butthead-Folge verwendet.

Szenario 3: Es wird einfach ein anderes Thema als „Sexismus“ gewählt, zum Beispiel: „Gehirnchirurgie im MRT“ oder „Laien schreiben ein neues Grundgesetz, angefangen bei Null“. Die Gäste hätten dasselbe Ausmaß raffinierten Nichtwissens was das Thema betrifft, was sehr praktisch ist. (Und statt wie sonst üblich sämtliche Aktivist_innen und Geisteswissenschaftler_innen, könnten sich mit dieser Wahl nun einmal Mediziner_innen und Jurist_innen bis zum Stadium Angina Pectoris aufregen.)

Szenario 4: Alle Beteiligten spielen Topfschlagen mit 40 Suchobjekten, gleichzeitig. Anne Will moderiert, und jedes Mal, wenn sie etwas Peinliches sagt, explodiert ein Fettnapf im Studio. Renate Künast singt derweil „Don`t Stop Believing“ von Journey, und muss bei jeder kleinen Pyro-Einlage explodierender Töpfe die Passage „Hold on to that feee-laaa-hiii-haaaing“ wiederholen.

Szenario 5: Das Anne Will-Team stellt allen Anwesenden eine Gitarre zur Verfügung, auf der gemeinschaftlich „Somebody that I used to know“ gezupft und gesungen werden soll. Das Ganze muss live einstudiert und dann performt werden. Als Generalsupporter und Coach wird Detlfef D! Soost ins Studio beordert, der die Gäste stellvertretend für die unsäglichen Tage der letzten Woche zusammen faltet und anschnauzt – und zwar bis kein Auge mehr trocken bleibt.

Szenario 6: Als Special Guest wird Peter Scholl-Latour eingeladen, der die Gesprächsrunde mit Anekdoten von 1954 komplett an sich reißen wird („Feminismus-Experte? Bin ich, bin ich. Ich habe damals schon mit einer Frau Tee getrunken, nicht wahr. In Afghanistan.“). Das wird zwar ebenfalls schlimm, aber so ist wenigstens gesichert, dass nur eine Person Stuss reden wird (und nicht fünf).

Szenario 7: Die ARD erinnert sich an vergangene goldene Zeiten und setzt Anne Wills Sendung komplett ab. Um für jung Gebliebene und Berufsjugendliche zur selben Sendezeit ein viel schöneres Format wieder aufleben zu lassen:


		
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22 Gedanken zu „Hallo Anne Will! So machen Sie aus Ihrer #aufschrei-Sendung, die garantiert scheiße wird, garantiert eine gute!

  1. […] hab den Artikel heute schon an anderer Stelle hochgeladen, aber aufgrund des dramatischen Stands der Dinge teile ich meine pro-aktiven […]

  2. somluswelt sagt:

    Danke, Danke, ich habe eben schallend gelacht, konnte ich zwischen all dem medialen Elend gut gebraucht, *Kniefall* 😉

  3. Nicole sagt:

    OH MEIN GOTT! Du musst Intendantin werden. Sofort!!!

  4. distelfliege sagt:

    Wooohoooo! Ich finds große Klasse!

  5. Ähm... sagt:

    DIE Sendung würde ich aufnehmen und rauf und runter immer wieder anschauen! 😀
    Und ich glaube, Satire ist die beste Reaktion auf den Stuß, den die Medien uns gerade servieren. Danke für diesen genialen Beitrag. Ich musste herzlich lachen.

  6. shehadistan sagt:

    @TheGurkenkaiser hat übrigens was tolles rausgefunden:

    „so und jetzt generalprobe: das http://t.co/JiROHlEG öffnen, etwas vorspulen, ton aus, dann das öffnen, ton an http://t.co/3qlmM5NX

    (ergibt: einwandfreies Anne Will vs Beavis and Butthead farting and laughing-Mashup)

  7. […] Shehadistan: Hallo Anne Will! So machen Sie aus Ihrer #Aufschrei-Sendung, die garantiert scheiße wi… Zu der künstlichen Kontroverse, ob Sexismus denn überhaupt wirklich schlimm ist, hier noch das […]

  8. mauerunkraut sagt:

    Werde mir die Sendung morgen ansehen, nur um zu sehen ob nicht doch Dr. Snuggles gezeigt wird

  9. ronia sagt:

    Doctor Snuggles! Und die Tonspur zu Beavis & Butthead. Könnte man vermutlich mit all diesen Talkshows machen. 😀

  10. Marishiki sagt:

    ich möchte das. alles. für sowas würde ich sogar gez bezahlen.

  11. Bäumchen sagt:

    lol @ peter scholl-latour

  12. […] Zum Glück hat die Arbeit an Alternativen schon begonnen! Shehadistan hat einige Vorschläge für Anne Will […]

  13. Philipp sagt:

    Vielleicht kriegt sie auch noch die Kurve auf Klimaschutz und verbietet ihren Gästen, heiße Luft zu produzieren. Ist auch viel stromsparender, wenn man die Tonspur abschaltet.
    Für jeden, der das mal ausprobieren will: Macht einfach den Ton aus und schaut euch die Sendung stumm an. Ist mindestens so interessant wie mit dem Gequatsche, aber viel lustiger.

  14. femmeinista sagt:

    Das wird kein Politainment mehr sondern nur Satire. Nur wenn man das im Kopf hat wird es erträglich (im Fall, dass man sich so was antut) Ansonsten: Shehadistan für Intendantin! Yeaahhh!!!!

  15. Manu sagt:

    ganz ehrlich – so viele worte für so eine sendung? haste nix besseres zu schreiben? dann biste auch nicht besser…. oder?

  16. Romin sagt:

    Exzellenter Post. Nett zu verfolgen. Neue Details, die jeder Mensch schätzen sollten. Guter Stil. Der Blogmaster hat Rech.

  17. psychofemme sagt:

    Sehr schön und unterhaltsam 🙂 Hab sehr lachen müssen und hätte selbst wohl Variante 2 präferiert. Tatsächlich fand ich die Sendung zwar halbwegs erträglich aber leider wie alle Diskussionen zur Zeit zu oberflächlich. Die Verknüpfung von Übergriffen und anderem strukturellem Sexismus wurde wieder nicht geschafft. Das is aber auch leider nich so einfach, habs selbst versucht das halbwegs stringent hinzukriegen (http://psychofemme.wordpress.com/2013/01/31/zusammenhange/) aber menschliches Erleben und Verhalten ist halt immer von vielen Faktoren abhängig.
    Könntest du jetzt noch schnell der Illner erklären wie sies besser machen kann? 🙂

  18. […] gab viel Schabernack, und mit der Zeit konnten ich vor vielen meiner Leser_innen auch nicht mehr mein […]

  19. Daniel sagt:

    Darf ich darauf hinweisen, dass der Cartoon davon handelt, dass der männliche Protagonist über die volle Länge nicht auf die Idee kommt, einfach selber den Abwasch zu machen, sondern hofft dass die Haushälterin zurückkommt bzw. *er* Maschinen erfindet, die ihn erledigen?

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