Toastbrot, Toastbrot. Und über Kinderbücher, Freundschaft und Rassismus

Flickr (c) dbgg1970

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Warum auch immer haben seit einigen Tagen Menschen Probleme mit Otfried Preußlers Entscheidung, seine Bücher einer zeitgemäßen, nicht-rassistischen Sprache anzupassen und seiner Entscheidung, in diesem Zuge das N-Wort aus seinen Werken nachträglich entfernen zu lassen. Es geht also um das Wort, mit dem der Feuilleton jetzt wie von der Tarantel gestochen um sich schmeißt, und im gleichen Atemzug das Hinaufziehen alter böser verbietender Zeiten beschwört: Z E N S U R. Das Ganze wird dabei oft gezwungen witzig verpackt, damit man sieht, wie ewiggestrig und unlustig die Befürworter der Änderungen sind, und wie pfiffig-originell-unterhaltsam-lebensfroh die Freiheitskämpfer, die sich für die Rettung der r a s s i s t i s c h e n Originalsprache einsetzen.

Dabei geht es in Wahrheit gar nicht um Zensur. Es geht um das Bewusstsein für Rassismus, um Solidarität, und in welchem Ausmaß sie überhaupt noch vorhanden ist. Denn in Wahrheit nennt Ihr uns wie Ihr wollt, wie Sabine schon im letzten Jahr richtig feststellte – ganz egal, ob in einem Buch von Sarah Kuttner, oder in Kinderbüchern, oder in Artikeln, in denen die Presse- und Kunstfreiheit gefährdet gesehen wird.

Auch ich habe als Kind solche Bücher gelesen, und es stimmt nicht, dass sie nichts mit mir gemacht haben. Diese Bücher machen sehr viel mit einem. Auch wenn Leute, die von diesen Diskursen, Begriffen, Schimpfwörtern, von denen ich spreche, nicht mal mit einem Furzhauch betroffen sind, was anderes glauben. Oder zu wissen meinen. Und sich deswegen nun ins Gefecht stürzen.

Mein traumatischstes Erlebnis im Umgang mit derartiger Literatur war wohl das Lesen der Bücher von Frederica de Cesco: De Cesco hat in den 1980ern unter anderem Romane für Kinder geschrieben, zum Beispiel „Aischa oder die Sonne des Lebens“ oder die Trilogie rund um „Samira“ („Königin der roten Zelte“, „Erbin der Ihaggaren“, „Hüterin der Blauen Berge“). Damals – und wahrscheinlich auch noch heute – hat man diese Bücher für „pädagogisch wertvoll“ gehalten: Als Paradebeispiel für emanzipatorische Literatur, in denen „gezeigt wird wie Mädchen gegen bestehende Normen rebellieren“. Es ging nicht um das N-Wort, aber um dasselbe Problem, von dem wir heute sprechen: Denn für mich waren diese Bücher die erste Begegnung mit dem Hass auf Dinge, die irgendwie orientalisch sind.

Die Geschichten in diesen Büchern hatten nichts mit meiner Lebenswelt gemeinsam – wie auch, de Cesco war (und ist) eine italienische Autorin, wenn auch mit deutscher Mutter. Das Einzige, was diese Bücher bezweckten, war, dass ich eine Idee davon bekam wie andere mich vielleicht sehen konnten. Oder meine Familie. Und ich hatte zum ersten Mal eine Idee von den negativen Folgen von „Herkunft“ in den Augen anderer. Dass mein Vater uns schon beim Antreten der ersten Klasse eintrichterte: „Vergesst nicht, ihr müsst immer besser sein als die Deutschen“ – das bekam mit diesen Büchern eine völlig neue Bedeutung. Wenn man als Kind in einem Buch liest, und versteht, dass dort die eigene „Minderwertigkeit“ beschrieben wird, die man selber an sich nicht sieht, die man aber in der Fremdwahrnehmung anderer erkennt und immer wieder gespiegelt bekommt, unwiderruflich auf Papier gedruckt und damit noch mächtiger, dann setzt mit zum ersten Mal das Ohnmachtsgefühl ein, das einem noch so oft im Leben begegnen wird.

Diese Bücher hatten wenn dann allenfalls etwas mit der Lebenswelt der weißen nordwesteuropäischen Kinder in meinem Umfeld zu tun, da hier so viele der Botschaften, die ihre Mamas und Papas ihnen derzeit und zukünftig mitgeben sollten, in einer Geschichte verpackt waren. „Wir sind die Guten, die Kanak_innen sind rückständig.“ Gedruckt, und zudem noch mit Buchpreisen geadelt. Diese Kinder sind heute groß. Ihren Unterhaltungsalltagsrassismus haben sie behalten. Und natürlich steckte und steckt er noch in diesen Büchern, denn er steckt überall.

Leute mögen meinen, dass ich übertreibe wenn ich mich bis heute negativ an solche Bücher erinnere. Dass ich mal runter komm soll, wenn ich mich darüber ärgere, dass sich Internetmassen an der Entscheidung eines Autors stoßen, alte Fehler auszubügeln. Wenn ich es zum Kotzen finde, dass reaktionäre Botschaften, die an jedem Altherrengedeck am Stammtisch gesagt werden können, als die Super-Duper-Nonplusultra-These und Satire (Einself!) gefeiert werden. Wenn Eure Freiheit unsere Unfreiheit bedeuten soll. Oder wenn so etwas hier veröffentlicht wird.

„Aber das, das ist nur eine inhaltliche Sache, das hat aber nichts mit unserer Freundschaft zu tun!!!“, ist dann der übliche Tenor. Freundschaft ist das Totschlagargument. Freundschaft muss das aushalten. Freundschaft muss gegenteilige „Meinungen“ verkraften. FREUNDSCHAFT MUSS MEINUNGEN AKZEPTIEREN. Wer das scheiße findet, hat eben keinen Humor. Zum Glück muss ich schon seit langem niemandem mehr beweisen, dass ich Humor habe.

Whatever. Einige meiner Freunde schreiben solche Texte. Oder schreiben auf meiner Facebook-Pinnwand das N-Wort aus. Oder verlinken ätzende reaktionäre Artikel, die ich schon vor fünf Jahren weder witzig noch provokant noch subversiv fand, und halten sich dann für die Creme de la Creme des Amusements. „Mensch, Nadia, und wenn, das ist doch nur Spaß!“

Spaßrassismus. Das, was Stefan Raab tut, wenn er sich über unseren Philipp Rösler witzig macht. Sie, sie sagen und schreiben K*nake aus, und ärgern sich dann wenn ich sie im Gegenzug dafür Kartoffel oder Toastbrot oder Pommesgehirn nenne. Und die nun verzweifelt versuchen, „humoristisch“ diesen neuen Thienemann-Tiefschlag, der das Überleben des N-Wortes gefährdet, zu ertragen. (Humor wird konfliktsoziologisch oft als eine positive soziale Sanktion eines Akteurs einer Gesellschaft gewertet.)

Die Machtverhältnisse dürfen nicht erschüttert werden. Freundschaft („Freundschaft ist ein Zustand, der besteht, wenn jeder Freund glaubt, dem anderen gegenüber eine leichte Überlegenheit zu haben“ – Balzac), Freundschaft darf nicht erschüttert werden. „Du darfst Deine Meinung ja behalten.“

Der Mechanismus ist immer gleich. Ich erlaube Dir was, dafür musst Du mir auch was erlauben. Eine Hand wäscht die andere. Dazu Phrasen: Ich bin kein Rassist. Ich bin kein Sexist. Und ich mache es wie Antje Schrupp und sage: So what?

So what. Denn Ihr, Ihr seid vielleicht meine Freunde, oder meine Freundinnen. Ich brauche aber Eure Erlaubnis für meine Meinung nicht. Ich muss nicht von Euch autorisiert werden, um sprechen zu können – denn wenn ich nicht hier veröffentliche, veröffentliche ich eben hier. Ich muss mich nicht sorgen, ob ich Euch in eine unangenehme Situation bringe, wenn Ihr es ganz billigend in Kauf nehmt, mich in eine unangenehme Situation zu bringen. Und im Zweifelsfall, und auch wenn Ihr das nicht hören wollt, ist es immer noch so, dass Ihr vielleicht meine Freunde seid – aber die, zu denen Ihr N. sagt oder K. – das sind meine Brüder, und meine Schwestern.

_____

Und ein Edit: Ihr wollt Euch trotzdem über „Zensur“ aufregen? Bitte sehr, hier entlang.

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49 Gedanken zu „Toastbrot, Toastbrot. Und über Kinderbücher, Freundschaft und Rassismus

  1. Tahir Della sagt:

    was gäbe ich drum wenn die Redaktionen solche Beiträge zur Grundlage ihrer Reportagen machen würden anstatt abgehalfterte Journalist_innen zu befragen

  2. Bäumchen sagt:

    Oh Gott, Federica de Cesco. ,,Aischa oder die Sonne des Lebens“ habe ich irgendwann geschenkt gekriegt. Immer diese hilfsbereiten Deutschen. Spoiler: „Gerettet“ wurde die unterdrückte Muslima natürlich durch die Liebe eines aufgeklärten Mannes. Die Brüder sind Kleinkriminelle, der Vater ein Ewiggestriger, der sie von der Schule abhalten will. KLAR.

    Es gibt so nen linken Liedermacher, Fidl Kunterbunt, der auch so ne ähnliche Storyline in einem seiner Lieder hat, sehr gruselig. Diesmal wird die Muslima durch den deutschen Anarcho in ihrer Klasse gerettet. Der sagt ihr dann auch, dass Sex total ok ist und sie auch einen Orgasmus haben darf. Ich könnt so schreien, wenn ich das höre. So Befreiungsfantasien privilegierter Gruppen.

  3. hardy sagt:

    also, ottfried preußler hätte sich mit händen und füßen gewehrt … es waren seine erben, die jetzt von seinen büchern leben und worte wie „wichsen“ und „neger“ „unzumutbar“ finden. google mal nach dem text „wir waren helden“, dann ahnst du, was man kindern alles zumuten kann … und am ende werden es doch erwachsene, die mit einigem umgehen können, was ihre kindern offensichtlich schon bei dem schieren gedanken daran in die verzweiflung treibt …

    natürlich leide ich mit dir, daß man dich mit schrecklichen büchern zum kotzen gebracht hat. kleiner tipp: deine kinder werden unter der lektüre gleichgeschalteter literatur leiden und dich verfluchen, daß du sie nicht auf die _wirklichkeit_ vorbereitet hast 😉

    und, warum hat caesar bloß nicht bei google geguckt, dann wäre ihm das mit den iden des märz erst gar nicht passiert …

    • shehadistan sagt:

      „Preußler habe das anfänglich anders gesehen. Inzwischen sei der Autor aber überzeugt, dass eine sprachliche Weiterentwicklung wichtiger sei als die Authentizität seines Buches.“

      • hardy sagt:

        dann schande über mein haupt, ich dachte er sei tot, die berichterstattung im dlf sagte mir, es seien seine erben …

        ich empfehle diese podcasts zum thema

        [audio src="http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/01/13/dlf_20130113_0605_dd50f7b5.mp3" /]
        [audio src="http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/01/07/dlf_20130107_1911_adc342df.mp3" /]

        und auch erhellend

        [audio src="http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/01/10/dlf_20130110_1753_373f6c52.mp3" /]

        wenn du mal gerade nichts besseres zu tun hast.

        grüße aus der garage
        :

  4. h.p.noergel sagt:

    „… das sind meine Brüder, und meine Schwestern.“

    deep stuff, man.

  5. Fritzi sagt:

    Ein toller Artikel! Ein wichtiger Aufschrei!
    Ich merke immer wieder, wie sehr ich von den Büchern aus meiner Kindheit geprägt wurde und wie schwer es fällt die entstandenen Bilder nachträglich zu dekonstruieren.
    Und ich kann mich nicht erinnern, dass ich damals schon irritiert war von bestimmten Worten oder Darstellungen. Wie auch? Sie waren ja überall. Um so mühsamer und schmerzhafter ist es jetzt sich bewusst zu machen, wie viel Kackscheiße inzwischen internalisiert ist und wie viel davon unbewusst tägich reproduziert wird.

    Also ein großes Danke!

    Und ein wichtiger Hinweis noch zum Schluss: das Wort „ausmerzen“ ist NS-Vokabular und gehört somit genau zu diesen Begriffen, von denen Du schreibst.

    • tapir sagt:

      //EDIT: Mein erstes Posting war voller Fehler – bitte nur dieses freischalten. Danke.

      Es sind nicht euphemistische Gründe, die mich denken lassen, dass es wenig bringt, wenn jemand sich über den Gebrauch unsittlicher“ Begriffe aufregt.
      Vielleicht liegt es daran, dass ich kein Deutscher bin, aber „ausmerzen“? Ein No-go? was soll das?! Sind demnach nicht alle Begriffe, ja alle Wörter, die vor 1945 erfunden wurden, NS-Terminologie? Müsste man nach dieser Logik nicht konsequenterweise die deutsche Sprache als Ganzes verbieten?
      Mein Punkt ist: Scheisse passiert. Scheisse wird bezeichnet. Und gewisse Bezeichnungen sind oder werden zu Scheisse. Immer wieder neu. Wenn wir uns bloss vor den Begriffen verstecken und damit meinen, „die Gedanken säubern“ (NS-Terminologie??) zu können – bringts das?

      Wenn du heute in den USA „Dick“ heisst und ein „Seaman“ bist: hihihi-hahaha-huhuhu.

      Schmerzlich müssen wir anerkennen: Wir sind Tiere. Voller Neid, voller Hass, voller Angst und Abgründe. Das Feigenblatt der Kultur ist dünn, ultradünn. Insbesondere die Kinder führen uns dies immer wieder vor Augen. Egal, wie Minderheiten in einem Klassenverband konstituiert sind, ob Schwarz, Weiss, Christen, Muslime, Brillenträger oder Rothaarige: Sie werden gemobbt, gehänselt, marginalisiert.

      „Der Mensch ist dem Menschen kein Wolf, wie es bei den Lateinern heisst- der Mensch ist dem Menschen ein Schwein. Und das ist er offensichtlich gern.“ – Wiglaf Droste

      Bitte entschuldigt, liebe Schweine.

  6. shehadistan sagt:

    Super, danke für den Hinweis. 🙂

  7. […] raus aus kinderbüchern von fuckermothers und über kinderbücher, freundschaft und rassismus bei […]

  8. […] Nadia schrieb gestern auf  Shehadistan:  […]

  9. Gorgi sagt:

    Ich find die Argumentationsweise von Gerd Burrmann recht schlüssig- bezieht sich hierbei auf Pippi Langstrumpf:

    „Pippi Langstrumpf ist eine Figur, die von Astrid Lindgren ganz bewusst als tendenziös rassistisch gezeichnet wurde. Pippi Langstrumpf hat zum Beispiel für manche Völker, die zu ihren Gunsten von ihrem Piratenvater beraubt und geplündert werden, nur Worte der Verachtung übrig. Ihr Reichtum, von der Villa bis zum Pferd, ist das Resultat der Unterdrückung und Ausbeutung ihres Vaters und aus genau diesem Umstand erwächst auch ihre Anarchie. Pippis Freiheit ist somit im Grunde das Resultat des imperialistischen Gehabes ihres Vaters. Das sie diese Ungerechtigkeit nicht erkennen will und doch schon spürt, wird an dem letzten Satz klar, den sie im letzen Roman spricht: “Niemals will ich werden groß.” Pippi Langstrumpf ist erst 9 Jahre alt und sie will es bleiben! Sie will ihre Privilegien genießen wie ein Kind, ohne erkennen zu müssen, aus welcher brutalen Ungerechtigkeit sie entstammen.

    Pippi Langstrumpf ist also auch eine Metapher für Europa. Als Leser frage ich mich, woher kommen eigentlich meine Freiheiten? Gab und gibt es nicht auch in meiner Zeit noch genug Ungerechtigkeiten auf der Welt und fußt nicht gerade auch meine Freiheit, die Freiheit Europas, auf eine nicht hinnehmbare Unterdrückung und Ausbeutung anderer Menschen ferner Länder? All diese Fragen stellen sich mir bei der Lektüre von Pippi Langstrumpf, aber nur, wenn Pippi so verbleibt, wie sie von ihrer Autorin gedacht war. “

    http://tapferimnirgendwo.com/2012/12/23/ist-pippi-langstrumpf-rassistisch/

    • yuriko sagt:

      wow, sooooo analysefähig war ich mit 9 noch nicht, dass ich mich gefragt habe, woher pippis freiheit kommt! daran ändert ganz bestimmt auch der letzte satz nix. ich habe das als weißes und auch sonst ziemlich privilegiertes kind damals alles ziemlich cool und völlig normal gefunden, dass pippis papa sowas darf und dass pippi deshalb halt jetzt viel geld hat.
      die interpretation, dass pippi bewusst tendenziös rassistisch angelehnt wurde, halte ich für sehr weit hergeholt.

  10. […] Was war noch mal das Problem mit dem Entfernen von Rassismen aus der (Kinder-)Literatur? Hier, hier. Gehen wir doch ins Kino und schauen uns, Tarantinos akkurate Darstellung des Rassismus und der […]

  11. gerdos sagt:

    Untermenschen, Kana..en, Idiot, Krüppel, Asylanten, (du) Opfer, „Rassen“unruhen, Mongoloismus, Arier. Mit der Verteidigung der Benutzung derart unverdächtig erscheinender umgangssprachlicher Begriffe adeln die Träger der deutschen Leitkultur ihre Political Incorrektnes. Sie sind es aber, die Minderheiten vorschreiben, wie sie sich von der weißen Mehrheitsgesellschaft gefälligst titulieren lassen müssen. Dabei scheint es ihnen eine große Überwindung zu kosten, auf das N-Wort einfach zu verzichten. Ich hab da seit Jahrzehnten keine Probleme mit.

    Mir fällt in diesem Zusammenhang auch nimmer wieder auf, dass in Medien, Büchern und Diskussionen stets von „Amerika“ die Rede ist, wenn die USA gemeint sind. Amerika where? Chile? Alaka? Kuba? Nicaragua?

    Und ich werde langsam müde, immer wieder dagegen anzudiskutieren. Buchtipp: „Deutschland Schwarz Weiss“ von Noah Sow. Da kann alles nachgelesen werden.

  12. simvoll sagt:

    Solange die deutschen Klassiker von den Begriffsänderungen verschont bleiben, kann man es ja prinzipiell verstehen, dass nicht mehr zeitgemäße Beschreibungen ausgetauscht werden. Aber ist das Vorlesen von derartigen Begriffen nicht eine gute Gelegenheit, um Kinder über die zeitgeschichtlichen Änderungen zu informieren?

  13. Christian sagt:

    Word!

  14. georgi sagt:

    Ich sage mal, die Anrede „Kartoffel“ stört mich nicht. „Kanake“ hingegen klingt wie „Kakerlake“. Das sind Tiere, über deren Anwesenheit man sich nicht freut.

    Früher dachte ich immer, Philibuster seien Nadia & Freunde, und Nadia hätte dort das letzte Wort.

  15. Publicviewer sagt:

    So, jedenfalls machst Du Dir und deinen Bemühungen um eine echten Integrität jedenfalls keine Ehre.
    Du spielst allenfalls Leuten wie Christiane Schröder und Konsorten die Bälle zu.
    Nochmal etwas zu „Politisch korrekten Leuten“: „Diese Leute sind, um es flapsig zu sagen, alte, weiße, heterosexuelle Männer, die keine Lust darauf haben, dass außer ihnen noch jemand die Welt erklärt. Es sind konservative, reaktionäre Leute, denen die Lockerungsübungen von 1968 am gesellschaftlichen Körper samt seiner Folgen nicht passen“ !

  16. […] in bestimmten Klassikern zugunsten einer Rassismus freien Sprache – bereits hier, hier, hier und hier viel Kluges gesagt. Es ist mir unbegreiflich, wie an anderer Stelle mit den […]

  17. Baldanders sagt:

    Meiner Meinung nach sollte ausschließlich der Autor eines Werkes die Entscheidungsgewalt darüber haben, ob seine Werke zu irgendeinem Zeitpunkt sprachlich überarbeitet werden. In diesem Fall also Ottfried Preußler. Wenn er also sagt: „Jau, ändern wir!“, wie ja wohl geschehen, dann ist alles cool. Ansonsten sollte man das Buch klar als fremdredigiert kennzeichnen, also z.b. schreiben „Die kleine Hexe“ NACH/BASIEREND AUF einer gleichnamigen Erzählung von Ottfried Preußler. Völlig unabhängig davon, wie *istisch, verletzend oder beleidigend manche Leute die Originalversion finden.

  18. sramXX sagt:

    Publicviewer:

    1. Sie heißt Christina Schröder und ich möchte trotz temporärer political Correktnes nicht mit ihr verglichen werden. Das habe ich als Kritiker der Israelkritiker bereits erlebt, indem ich mit Broder auf eine ideologische Stufe gestellt wurde, um meine Argumente lächerlich zu machen und als rechts zu diffamieren. Anstelle einer inhaltlichen Auseinandersetzung werden persönliche Ausgrenzungen konstruiert.

    2. Es ging bei der Diskussion nur sekundär um das N…-Wort. Dazu habe ich eine durch Literatur, Diskussionen und Gesprächen mit Schwarzen eine gereifte Meinung. Inhaalte von Büchern zu ändern haalte ich für sehr bedenklich. Sie sind schließlich Ausdruck einer zeitgenössischen Sprachregelung und zeigen ein historisch zeitnahes gesellschaftliches Bewußtsein. Alte Lehrbücher der Medizin aus den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts enthalten ein Frauenbild, das jede Feministin ausrasten würde. In meinem Regal steht noch eine Erstausgabe des „Allgemeinen Theils“ (ja mit H)des Bürgerlichen Gesetzbuches. Es gibt dazu auch noch Ausgaben des BGB, in denen
    die Ehefrau nicht das Recht hatte, einen eigenen Wohnsitz zu begründen. Ehefrauen besaßen damals nur eine sogenannte Schlüsselgewalt. und der Mann konnte Arbeitsverhältnisse der Rau ohne ihr Wissen kündigen.

    Mir ist auch wichtig, noch Bücher zu finden, in denen die Prügelstrafe für eigene Kinder legitmiert war und die Vergewaltigung der Ehefrau straffrei, denn sie haben heute den Charakter von Urkunden.

    Anders beurteile ich die umgangssprachlichen Vokabeln mit Diskriminierungcharakter (siehe oben). In diese Kategorie gehören auch die Unwörter des Jahres. Mit Orwells 1984 hat das alles in meinen Augen aber nichts zu tun. Bezeichnungen wie Wohlstandsdelle für Armut, Beiragsanpassung für ….erhöhung, Entlaubung für Napalmabwürfe und Meinungsfreiheit für rassistische Hetze bezeichne ich als problemflankierende Sprachregelungsanästhesie.

    • shehadistan sagt:

      Ich frage mich langsam, ob das backhanded Trollerei ist? (Ernstgemeinte Frage.)

      „Sie [Kinderbücher] sind schließlich Ausdruck einer zeitgenössischen Sprachregelung und zeigen ein historisch zeitnahes gesellschaftliches Bewußtsein.“

      Für Sie vielleicht, und es steht Ihnen natürlich frei diese Exemplare für dokumentarische Zwecke zu sammeln. Es geht hier aber nicht um historische „Artefakte“, sondern um Bücher, die zur Kinderunterhaltung gedacht sind. Imho gibt es einen Unterschied, ob man diese Bücher archäologisieren möchte oder sie zu Unterhaltungszwecken für Kinder nutzt.

      • hardy sagt:

        wenn ich gerade so darüber nachdenke, woher eigentlich der ärger rührt, den ich bei dem versuch empfinde, diese bücher zu „glätten“ …

        er rührt wahrscheinlich daher, daß diese bücher für „uns“ (ältere), die in einem ganz anderen land groß wurden, eben keine „unterhaltung“ waren sondern „anregung“, pipi unsere anarchistische heldin …

        ach ja – wenn ich hier mal gerade zwei leseempfehlungen loswerden darf: will fährmann „der überaus starke willibald“ und roberto innocenti „rosa weiß“ waren geschichten, die ich meinen mittlerweile erwachsenen mädels „untergejubelt“ habe. die kennen auch pipi und „die kleine hexe“ und ich kann nicht sehen, daß die sonderlich „rassistisch“ wären.

  19. gerdos sagt:

    Nee keine Trollerei. Hab aus versehen einen anderen Nick genommen. Entschuldigung.
    Was die Kinderbücherneuauflage angeht, bin ich sogar etwas radikaler, denn der sich darin wiederspiegelnde Rasismus geht noch über das N..-Wort hinaus:

    Band I “Pippi Langstrumpf” :
    “will ich euch sagen, dass es in Kenia keinen einzigen Menschen gibt, der die Wahrheit sagt. Sie lügen den ganzen tag. Sie fangen früh um sieben an und hören nicht eher auf, als bis die Sonne untergegangen ist. Wenn es also passieren sollte, dass ich mal lüge, so müsst ihr versuchen, mir zu verzeihen und daran zu denken, dass es nur daran liegt, dass ich zu lange in Kenia war (…)”

    Astrid Lindren hat ständig mit rassistischen Strukturen in ihren Werken gearbeitet.
    Das wollen viele anscheinend nicht wahrhaben. Fühlt sich wohl schlecht an, den Kleinen von einer Rassistin Bücher vorgelesen zu haben.

    • hardy sagt:

      gerdos,

      mal ganz blöd gefragt: wenn du kinder hast, was hält dich eigentlich davon ab, ihnen den text vorzulesen und dann mit ihnen darüber zu reden, warum das, was da steht, nicht stimmt?

      wenn es nicht da steht, welchen „aufhänger“ (darf man das noch sagen?) hast du dann?

      diese bücher sind in einem klar definierten historischen kontext entstanden und es ist ziemlich witzlos, den autoren im nachhinein vorzuwerfen, daß sie nicht heute sozialisiert worden sind.

      ihr verdienst ist es aber, menschen selbst auf genau die art zu beeinflussen, die euch heute diese diskussion überhaupt „erlaubt“, sie haben überhaupt erst den teppich dafür ausgelegt, eure eltern (oops, „wir“) sind darauf „gegangen“ und, schreck!, es hat uns nicht zu rassisten gemacht, eher das gegenteil – auch wenn „wir“ nicht frei sind von reflexen.

      sexismus wird doch nicht befördert durch das wort „wichsen“ bei preußler … er ist das produkt dessen, was heute so alles im fernsehen gesendet wird. die tabuisierung dieser worte in texten wird da sicher nicht weiter helfen.

  20. tumii sagt:

    danke für Deine Wörter! […] Is it possible to deracialise German children books? → I have linked to the article pointing out that it is not about censorship, it is more about solidarity. […]

  21. gerdos sagt:

    hardy: Ich benötige keinen Aufhänger. Meine Enkeltochter ging zusammen mit türkischen Kindern und dem Sohn des Ex-Fussballers vom SG Wattenscheid 09, und senegalenischen Nationalspielers Suleyman Sane, in dieselbe Kindergartengruppe und fand das völlig normal. Das war gelebte Sozialisation im 2. Jahrtausend ohne „Aufhänger“.

    • hardy sagt:

      enkel? soweit bin ich noch nicht 😉

      kann aber nicht mehr lange dauern, denke ich mal.

      ich habe auf dem „quixiot“ ja meine kindheit offen gelegt. ganz kleines nest und es hat einige jahr(zehnte)e gedauert, bis diese welt farbig wurde, da war ich schon jenseits von bob marley und entsprechend „geimpft“.

      dieses ständige „neger“ und „zigeuner“ hat mich jedenfalls nicht in einen rassisten verwandelt, ich fand eher, daß „die“ „meine“ leute waren, genauso ausgegrenzt wie wir „langhaarigen gammler“.

      ich will’s nicht zu weit treiben hier, ich hab‘ das andernorts schon ausführlichst debattiert und komme zu folgendem ergebnis: wenn ich die sprache junger menschen heute gegen das stelle, was in kinderbüchern steht, frage ich mich, warum nicht offensichtlich wird, daß der eigentliche rassisimus eher der ganz „normal“ hip-hop text ist und die jungen menschen erheblich zu tun hätten, mal „vor der eigenen haustür“ zu kehren, damit alltagsmüll wie „du spast“, du „verlierer“ etc thematisiert wird.

      aber, _das_ scheint ja okay.

      • shehadistan sagt:

        Hallo Hardy, da liegst Du nicht ganz richtig, viele Schreiberlinge/Projekttreibende kritisieren ebenfalls den Umgang mit dieser Art von ausgrenzender Sprache. Viele erklären das schon seit langem und immer und immer und immer wieder. Und zwar immer dann, wenn es um jegliche Arten von *ismus geht.
        Nur um ein Beispiel zu nennen: http://leidmedien.de/

  22. hardy sagt:

    shehadistan,

    danke für den tipp, aber ich meinte schon eher eine etwas breitbandigere diskussion wie etwa die, die sich gerade zum thema „neger“ entfaltetet. die fehlt immer noch.

    das mit den ismen ist schon klar. mein letzter „präfekt“ in einem internat bemerkte mal, man solle sich von allen „ismen“ fernhalten. meine gegenfrage war „gilt das auch für den katholizismus?“.

    ich habe gerade noch mal nachgesehen. in den 70ern gab es zwei verwendungen des wortes „krüppel“. die eine, die über die ich mich aufgeregt habe – und eben „der krüppel“ in „frühling der krüppel“ von checkpoint charlie als synonym für „wir sind die krüppel in euren (erwachsenenwelt) augen“ ähnlich dem „woman are the nigger of the world“ von john & yoko.

    ein wort ist ein wort und hat immer einen kontext. ich denke nicht, daß man das problem aus der welt schafft, wenn man die worte beseitigt. es geht am ende um empathie oder eben der unfähigkeit dazu.

    um bewußtsein.

    ich verstehe sehr wohl (und weiss es zu schätzen), daß du das schärfen willst, aber, ahem, „der feind“, der steht woanders und liest keine lindgren oder preußler.

    hier wird am falschen text gesäbelt, die debatte geht den ignoranten sonstwo vorbei und hat im moment einen selbstgefälligen „haut gout“: ich bin viel korrekter als du. die idioten lachen sich einen ast über _uns_

    in diesem sinne, liebe grüsse und danke für den schubser in richtung „wie reden eigentlich junge menschen heute? und haben sie das aus pipi langstrumpf?“

  23. […] Shehadistan: Toastbrot, Toastbrot. Und über Kinderbücher, Freundschaft und Rassismus […]

  24. […] Shehadistan: Toastbrot, Toastbrot. Und über Kinderbücher, Freundschaft und Rassismus […]

  25. […] Nadia Shehadeh auf Shehadistan: Toastbrot, Toastbrot.. […]

  26. […] Stellung bezieht) Toastbrot, Toastbrot. Und über Kinderbücher, Freundschaft und Rassismus https://shehadistan.wordpress.com/2013/01/14/toastbrot-toastbrot-und-uber-kinderbucher-freundschaft-u… (ähnlicher Tenor, in knackiger) Das Wort, das wir nicht aussprechen dürfen […]

  27. […] “nicht die Erinnerung stehlen”, appelliert er, also deutschen Kindern, also deutschen weißen Kindern, “die heute oftmals erwachsen” sind. Dann kommen die Sternsinger. Immer wieder […]

  28. […] Mädchenmannschaft eins und zwei, Accalmie (ohnehin sehr zu empfehlendes Blog), Shehadistan eins, zwei und drei, Metalust und Subdiskurse eins, zwei und drei, Gleisbauarbeiten, zoon politikon, […]

  29. Lunil Deutch sagt:

    super Artikel mit nützlichen Informationen!

  30. […] kleiner Kinogang ging viral, die Kinderbuchdebatte zeigte mir mehr als einmal, wie fragil das eigene soziale Nahfeld eigentlich ist sobald politische […]

  31. […] [Link 22] “Toastbrot, Toastbrot. Und über Freundschaft, Kinderbücher und Rassismus”, Nadia Shehadeh in Shehadistan, 14. Januar 2013 […]

  32. […] Toastbrot, Toastbrot. Und über Kinderbücher, Freundschaft und Rassismus […]

  33. […] raus aus Kinderbüchern findet sich von 2013 auch ein lesenswertes Blog. Zuletzt sei noch „Toastbrot, Toastbrot. Und über Kinderbücher, Freundschaft und Rassismus“ […]

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